Armut

Einheitsgraues Leben
in kaltes Neonlicht getaucht
lasterhafte Befriedigungen 
aus verlogenen Nachmittagsshows
flimmern paranoid
über schmutziges Geschirr
und überquellende Aschenbecher.

Erbarmungslose Peepshow
der Reichen
erzeugt 
feindselige Schwermut
persönliche Würde
auf ein Mindestmaß reduziert.

Der rote Faden des Lebens
zum Zerreisen
gespannt.

Gewappnet

Vom Himmel
Waffen geborgt
für knapp kalkulierte Welt,
herunter geklapptes Visier
verhindert 
Vernichtung von Freiheit
Rost
in den Spalten
der Rüstung,
die Lanze abgewetzt,
lückenlose Kette
aus
erbarmungsloser Realität.

Frau im Spiegel

Fremder Mensch
hinter bekanntem Gesicht
scharfe Falten der Erfahrung
eingegraben
in
butterweiche Glätte
skeptischer Blick
durch das Fenster 
im Herz
eingebrannter Groll
auf verpasste Gelegenheiten
doch 
nur
ein Atom
im Getriebe
der Welt.

Gefangene der Worte

Sie quellen aus Heften und Büchern
rutschen von Zetteln
der Kopf ist voll
Schubladen verstopft
der Schreibtisch bricht darunter zusammen
kein Fleck mehr frei.

Sie zerren an mir
hindern mich auszugehen
ich wende mich ab
doch sie stürzen auf mich ein
schleudern Emotionen aus mir heraus
und verletzen Menschen auf Lebenszeit.

Sie verursachen 
eine seismische Verschiebung
in meinem Kopf 
und verstecken sich in meinem Gedächtnis
ich drehe sie so lange
bis die Wahrheit sichtbar wird.

Dann klebe ich sie
auf vergilbtem Papier fest
und wende mich ab.

Eiszeit

Menschen mit Atemwolken vor dem Gesicht,
Kopf und Hände sieht man nicht,
ganz egal zu wem man schaut,
man sieht kein Stückchen nackter Haut.

Rauch steigt senkrecht aus dem Kamin,
in den klaren blauen Himmel hin,
ein eisiger Wind zieht über die Landen,
der Schnee glitzert wie Millionen Diamanten.

Frost lässt Äste und Bäume krachen,
und rinnendes Wasser zu Eiszapfen machen,
der See gefriert zu einem Spiegel,
und Enten stecken die Köpfe unter die Flügel.

Bäume erstarren im gleißenden Weiß,
jede Pfütze erstarrt zu Eis,
der Wintermond, weiß wie Marmor,
schaut hinter blassblauen Wolken hervor.

Jahresende

Rot glüht die Sonne über den Feldern,
das Jahr wird still und auch schon alt,
das Grün der Blätter ist vergangen
und draußen wird es schon empfindlich kalt.

Der Herbst ließ Getreide und Früchte reifen,
das Gras wurde geschnitten, dann fiel das Laub,
die dunklen Tage bergen Wehmut und Sorgen,
der kalte Regen macht Empfindungen taub.

Ein Eismond steht bald hell am Himmel
und leuchtet auf des Winters Pracht,
dann plötzlich fallen weiße Flocken,
auf die Erde hernieder - flaumig und sacht.

Unglück und Glück

Das Unglück bleibt am Menschen kleben,
es hängt wie Pech an manchem dort
und ist man auch verzweifelt eben,
es kommt und geht auch wieder fort.

Das Glück ist eine andere Sache,
und wer es hat, schätzt´s vielmals nicht,
doch weilt es nicht mehr unterm Dache,
bläst Trübsal gleich ein jeder Wicht.

Lebenslauf

Das Leben ist gefährlich mir,
seit ich geboren, werde ich älter,
hin zum Tode streben wir,
die Welt ist kalt - wird kälter.

Das Leben ist ein Sommertag,
die Kindheit ist der frühe Morgen,
es gibt noch keine Müh´ und Plag´,
kein Kummer, keine Sorgen.

Das Leben wird beschwerlich nun,
es kommt die Mittagszeit,
man kann nicht rasten und nicht ruh´n,
die Arbeit gibt uns das Geleit.

Das Leben zeigt nachmittags dann,
ob man gefunden hat das Glück,
schafft man leicht den Übergang,
oder sehnt sich nach der Kindheit zurück.

Das Leben zeigt sich nun zur Nacht,
mein Innerstes es grollte,
plötzlich bin ich aufgewacht,
war es das, was ich mal wollte?

Der Mann im Mond

Vor Hunderten von Jahren schon
waren die Feste heilig,
die Menschen aber hatten es
schon immer furchtbar eilig,
sie konnten nicht rasten
sie konnten nicht ruh´n,
selbst an Feiertagen
mussten sie etwas tun.

Ein Mann hielt einmal einen Festtag nicht ein,
er sammelte im Wald Besenreiser,
Gott sieht ihn und rügt ihn und sagt:
so muss es denn sein,
du denkst wohl du bist ein ganz Weiser,
ich verbanne dich einsam und ganz allein,
als Warnung für alle auf Erden,
auf den Mond und nachts im Mondenschein,
sollst du für jeden sichtbar werden.

Mit seinem Bündel steht der Mann,
für alle Zeiten nun,
bei Vollmond auf dem Mond herum,
und muss nie mehr etwas tun.

Vogelstimmen

Sonntagmorgen in der Stille
hör´ ich manchmal laute schrille
Vogelstimmen zwitschern - und leise
erinner´ ich mich an manche Reise
Amerika oder Afrika
die Stimmen hörte ich auch da
wo ich auch weilte in jedem fernen Ort
die Vögel waren schon vor mir dort.

Wie bei den Igeln und dem Hasen
sie sind mir immer eine Nasen-
länge weit voraus
und erwarten mich dann schon zu Haus.