November

Der Himmel
drückt seinen nebligen Atem
auf die nackten Felder.

Müde Bäume
werfen braune Blätter
in die trostlose Einöde.

Schweigen fällt zwischen Häuser
nur in den Straßen
hängt verkatertes Licht.

Lange Schatten
kleben sich eng
an Mauern.

In die Mäntel hastender Menschen
kriecht die Feuchtigkeit
des Herbstes.

Gesichter
von der frühen Dunkelheit
ausradiert.

Im Regen
verschwimmen Menschen
zu einer teigigen Masse.

Süd-Marokko

Fieberglut im Farbenrausch.
Karge flirrende Einöde
spaltet das Sehen,
unerträgliches Blau
befördert tosende Wellen
in das Gehirn.
Palmen 
zucken staubige Schatten
über maurische Gärten,
jäh fällt pechschwarze Finsternis
über Mensch und Tier.
Prickelnde Kühle
erzeugt
neues Werden.

24 Stunden

Gemächlich
taumelt die Finsternis
schmetterlingsgleich
dem Tag entgegen,
wechselhaft,
leicht und hektisch zugleich
brodelt der Hexenkessel im Tageslicht,
unaufhaltsam,
farbenfrohe Helle bis bleierne Nässe,
allmählich,
unvermeidbar,
kriecht das Dunkel empor,
zäher Nebel
tropft in mysteriöse Stille.

Wandlung

Auf der Erde gekrochen,
unbeholfen,
borstig.
Klebriger Saft aus Drüsen,
in der Luft erstarrt.
Von der Larve versponnen,
gewebt in einen Kokon
aus pappigen unsichtbaren Schnüren.
In völliger Regungslosigkeit,
aufgehängt an Seidenfäden
beginnt die Metamorphose:
Schädling oder Schönheit,
Motte oder Schmetterling.

Wüstennacht

Verdorrte Äste
zeigen fingergleich
auf dramatisch kohlenfarbenen Himmel,
blanke Sterne
brechen aus der Schwärze hervor,
ein eisiger Lufthauch
wischt gierig Wärme aus höllenheißem Sand,
winzige Kreaturen
saugen unentbehrliche Feuchtigkeit
zwischen den Sandkörnern heraus,
erstarrt unter Eiskristallen
lauert alles Dasein
auf die unbarmherzige Sonne.

Zeit

Gedehnt,
gepresst,
zäh verronnen,
träge zerflossen,
blitzartig verschwunden,
vergangen im widerborstigen Vakuum,
doch immer zu wenig,
für immer weg.

Steine

gepresst
aus unzähligen sandkörnern
oder
höllenheiß
aus der erde geschleudert
in allen farben des regenbogens
uralt
moos und flechten überzogen
geschliffen zu schmuck
verbaut in häuser
jahrmillionen überdauert
wie gering
ein menschenleben

Spinnennetz

Gefangene Tropfen
aufgesogen vom Tau
des scheidenden Morgens
diamantenglitzernd im Sonnenstrahl
zitterig und verletzlich
Schönheit und Köstlichkeit vorgaukelnd
verheißungsvoll schimmernd
durch üppiges Grün
in die Klebrigkeit gekettet
lauert der Tod
unersättlich.

Sommertag

Aus farbenfroher Helle
taucht der Tag empor,
der Tau verpufft
auf braungrünen Gräsern
Schnecken
suchen schleimigst das Weite,
erstarrt kleben Fliegen an der Decke,
brüllende Glut
saugt Aktivität aus Flora und Fauna,
zäh vergeht das Licht,
schmerbäuchige Frösche
trompeten
ihr Siegeslied.